von Christa Meier, Stadträtin Winterthur
Am 30. November 2025 wird im Kanton Zürich über die Mobilitätsinitiative abgestimmt. Im Original heisst die Initiative «Gemeinsam vorwärts kommen auf Hauptverkehrsachsen – Ruhe im Quartier».
Worum geht es? Auf Staatsstrassen und Strassen von überkommunaler Bedeutung soll der Kanton zuständig sein für Geschwindigkeitsanordnungen. Eine Übertragung dieser Zuständigkeit soll ausgeschlossen sein. Auf diesen Strassen soll die bundesrechtlich zulässige Höchstgeschwindigkeit (50 km/h) nur in Ausnahmefällen und über kurze Strecken herabgesetzt werden können.
Das heisst, die bewährte Kompetenzdelegation an die Städte Zürich und Winterthur soll nicht mehr möglich sein.
Aktuell sind die Städte Winterthur und Zürich zuständig für sämtliche Strassenprojekte in ihrer Stadt. Das beinhaltet die Instandsetzung von Leitungen und Strassenkörper, die Gestaltung des Strassenraums und der Verkehrsführung und die Sicherstellung des Lärmschutzes und der Verkehrssicherheit. Gerade bei Lärmschutz und Sicherheit ist Tempo 30 in ganz vielen Fällen die sinnvollste und oft auch kostengünstigste Lösung. Im Rahmen eines Strassenprojektes macht das Winterthurer Tiefbauamt eine Gesamtbetrachtung, welche alle Aspekte berücksichtigt und aufeinander abstimmt. Bei Annahme der Initiative wäre das nicht mehr möglich.
Die Initiant:innen haben die Hoffnung, so Tempo 30 auf Hauptverkehrsachsen zu verhindern. Das wird nicht funktionieren. Das Bundesrecht verpflichtet uns, die Bevölkerung vor Lärm zu schützen und geeignete Massnahmen zu treffen. Mit Annahme der Initiative würde diese Verantwortung künftig beim Kanton liegen. Dieser müsste wohl ebenfalls in vielen Fällen auf eine Herabsetzung der Höchstgeschwindigkeit zurückgreifen, weil anders die gesetzlichen Lärmwerte gar nicht erreicht werden könnten. Der Kanton würde aber eine solche Temporeduktion vermutlich nur in seltenen Fällen und nur auf sehr kurzen Streckenabschnitten anordnen, mit dem Ergebnis, dass die Fahrgeschwindigkeit nicht mehr Teil der Gesamtbetrachtung eines Strassenprojekts wäre und wir einen ziemlich wirren Flickenteppich von Höchstgeschwindigkeiten hätten auf den Hauptverkehrsachsen, was auch einen negativen Einfluss auf den Verkehrsfluss hätte.
Das wahre Gesicht der Initiant:innen zeigt sich im Titel der Initiative. «Gemeinsam vorwärtskommen auf Hauptverkehrsachsen – Ruhe im Quartier».
Der gesetzlich vorgeschriebene Lärmschutz der Bevölkerung scheint also nur für Menschen zu gelten, die das Privileg haben, in einem beschaulichen Wohnquartier abseits einer Hauptstrasse zu wohnen. Was aber ist mit den Tausenden von Menschen, die an der Zürcherstrasse, der Wülflingerstrasse, der Schaffhauserstrasse, der Frauenfelderstrasse, der St. Gallerstrasse etc. wohnen? Verkehrspolitik ist halt auch Sozialpolitik!
Die Mobilitätsinitiative ist eine Zwängerei der Autolobby und soll ein bewährtes System umkrempeln, um die «linken Städte» Winterthur und Zürich zu disziplinieren.
Lassen wir uns diese Bevormundung nicht gefallen und sagen wir deutlich NEIN zur Mobilitätsinitiative und damit JA zu einer zeitgemässen städtischen Verkehrsplanung und Lebensqualität für die Menschen, die in unserer Stadt leben.