1. August Rede von Stadtparlamentspräsident Philippe Weber

So gehalten am 1.8.2025

Gschätzti Winterthurer:inne,
liebi Gäst,
liebi Tiana Moser, liebe Stadtpräsident Mike Münzle,
liebi Kolleg:inne us Stadtparlament und Stadtrat,
sehr geehrti Dame und Herre

Ich begrüesse Sie alli ganz herzlich da in Winterthur, a dem bsundere Tag: em Nationalfiirtig vo oisem Land.

Hüt isch en Tag, a dem mir innehaltet.
En Tag, wo mir zruggblicked – und voruusdänked
En Tag, a dem mir ois frööged:

Wer sind mir als Gsellschaft?
Was verbidet ois?
Was treit ois?
Und: Weli Schwiiz – und weli Stadt – wänd mir in Zuekunft sii?

De 1. August erinneret ois ad Gründig vode Eidgenosseschaft im Jahr 1291.
Drüü Urkantön, en Bund zum Schutz vo de Freiheit. En Afang wo oft verklärt, aber selte hinterfragt wird.

Denn de Aafang isch nöd inklusiv gsi. Es hät no Jahrhunderti duured, bis breiti Bevölkerigsschichte politischi Recht übercho händ.

Fraue händ s Stimmrecht uf Bundesebeni erst im Jahr 1971 übercho. Mänsche ohni Schwiizer Pass händs bis hüt schwer, ihri Stimm iizbringe. Und das obwohl vieli vo ine scho siit Jahre da läbed und arbeitet. Oder sogar da gebore sind.

De 1. August ladet ois drum nöd nur zum Fiire ii. Sondern au zum Nachdänke:
Wo stönd mir hüt?
Und wo wänd mir hii?

Winterthur hät sich i de letzte Jahrzent starch verändered. Vom Zentrum vode Maschineindustrie zur Bildigs-, Kultur und Dienstleistigsstadt.
Und doch isch ois trotz allem öppis blibe, wo im Moment immer seltener wird:
En starche soziale Zämehalt.

Winterthur isch e Stadt mit Gschicht und mit Widerstandschraft. Und aber au mitere offne Gegewart.

E Stadt i welere Vielfalt nöd nur toleriert, sonder aktiv gläbt wird.
Wo Verein, Quartierzentre, Migrant:inneorganisatione, Kulturschaffendi, Gwerkschafte und politischi Bewegige gmeinsam zum soziale Gfüeg biiträged.

Mir stönd hüt inere Stadt, wo sich immer wider neu erfindet. Aber ihri Wurzle debii nöd vergisst.

Mir händ e höchi Läbensqualität, en starke Bildigsstandort, e vielfältigi Kulturlandschaft und e engagierti Bürgerschaft.

Doch gliichzitig stönd mir vor grosse Useforderige:
– De Druck uf bezahlbare Wohnruum nimmt zue
– Die soziali Ungliichheit wachst. Au in Winterthur
– De ökologischi Umbau vode Stadt isch zwingend. Aber er verlangt Muet, Planig und Wiitsicht.

Und wie überall uf de Welt gspüred au mir: De gsellschaftlichi Diskurs wird rauer, ungeduldiger, mängmal au agressiver.

Umso wichtiger isches, dass mir s Gmeinsame betoned. Dass mir uf Dialog setzted statt uf Spaltig. Dass mir i dere Stadt nöd nur nebenand, sondern mitenand läbed.

Zämehalt isch keis Schlagwort.
Er zeigt sich ganz konkret: i oisere Stadt.

Wenn Mänsche im gliiche Huus unterschiedlichi Sprache reded, aber gmeinsam Fest fiired.
Wenn Freiwilligi sich in Quartiertreffs, Bibliotheke, Velowerchstätt oder Mittagstisch engagiered.
Wenn Schüelerinne und Schüeler sich für Nachhaltigkeit iisetzed und ihri Schuel verändered.
Wenn jungi Mänsche mit ältere Mänsche zämewohned. Nöd zuefällig, sondern bewusst.

Zämehalt zeigt sich au det, wo mer ihn nöd sofort gseht:
I de Pfleg, im Sozialdienst, im stille Engagement vo villne Mensche wo Verantwortig übernehmed. Tag für Tag.

Winterthur hät s Potenzial zum es Modell sii für e solidarischi Stadt im 21. Jahrhundert.
Aber es bruucht politischi Entscheidige, Investitione und de Wille, gmeinsam z handle.

Es schöns Biispil für glebte Zämehalt und gsellschaftlichi Öffnig hämmer grad erläbt: D Fraue Fuessball EM

Was früener chum beachted worde isch hät im letzte Monet Millione vo Mensche beigesitered.
In Fan-Zone, ufem Schuelhuusplatz, i Gsprööch, vorem Fernseh.

Das isch meh gsi als nur Sport. Es isch en Uusdruck vo Gliichwertigkeit, Anerkennig und Sichtbarkeit.
Die EM hät Mänsche zämebraacht, unabhängig vo Herkunft, Alter, Gschlecht, Iikomme oder sexueller Orientierig.

Sie isch es Symbol defüür, was mir als Gsellschaft chönnd erreiche, wenn mir Muure abbaued und Rüüm öffned.

Winterthur bruucht so Rüüm: im Sport, i de Kultur, ide Bildig und ide Politik.

Gliichheit isch en zentrale Wert vo oisere Demokratie. Aber mir händ sie nonig erreicht.

No immer hanged Bildigserfolg starch vom Elterehuus ab.
No immer sind FINTAs i Füehrigspositione untervertrette.
No immer erlebed Mensche Dikriminierig.

Winterthur isch nöd frei devoo. Au mir händ no blindi Fläck.

Gliichheit bedüted nöd, dass alli glich sind. Aber sie bedüted, dass alli die gliiche Chance sötted haa ihres Läbe z gstalte, mitzrede, teilzhaa.

Und das gaht nur mitere aktive Politik: mit gezielter Förderig, mit faire Löhn, mit Barrierefreiheit, mit Ruum für alli Stimme.

Winterthur isch e demokratischi Stadt. Mir händ es engagierts Parlament, e kritischi Öffentlichkeit, e lebendigi politischi Kultur.

Aber Demokratie isch kein Selbstläufer. Sie läbt vo Beteiligung, vo Debatte, vo Vertraue. Und: vo Respekt.

Demokratie isch mängmal aastrengend. Sie isch langsam, widersprüchlich, nie Perfekt.

Aber sie isch s beste Instrument wo mir händ zum gmeinsam oisi Zuekunft zgstalte.

Wenn Mänsche sich weniger iibriged, will sie s Gfühl händ, dass ihri Stimm nüt zählt, dänn isch nöd d Demokratie an sich s Problem. Sondern mir müend de Zuegang, ihri Sprach und ihri Strukture hinterfrage.

Winterthur chan es Vorbild sii für e moderni, inklusivi Demokratie. Mit Bürger:innebeteiligung, mit Mitwirkigsprozess, mitere offne, repektvolle Debattekultur.

Winterthur wachst. Mit jedem Jahr, jedem Quartier und jedere neue Generation.
Aber Wachstum ellei langed nöd. Wichtiger isch, dass mir Zämewachsed.

Dass neui Quartier nöd nur Wohnruum büütet, sondern Nachberschaft.
Dass Schuele nöd nur Wüsse vermittled, sondern soziali Teilhabe.
Dass Kultur nöd nur unterhalted, sondern verbindet.

E Stadt für alli isch keis Gschänk. Sie isch s Ergebnis vo Planig, vo Haltig und vo gmeinsame Entscheidige.
Winterthur chan die Stadt sii. Wenn mir das wänd und wenn mir das gmeinsam gstalted.

Die ganz Schwiiz staht vo grosse Frage:
Klimakrise, Migration, Digitalisierig.

Die Useforderige mached Angst. Aber sie eröffned au Chance.

D Frag isch: wie begegned mir ihne?

Mit Abschottig – oder mir Offeheit?
Mit Spaltig – oder mit Solidarität?
Mit Privatisierig – oder mit öffentlicher Verantwortig?

Ich bin überzüügt: wenn mir gmeinsam handlet, wenn mir ufenand losed, vonenand lerned und oisi Unterschiid nöd als Hindernis, sondern als Ressource gsehnd:
Denn hämmer d Chance dass d Schwiiz vo morn gerechter, solidarischer und nachhaltiger chan sii als d Schwiiz vo gester.

Und Winterthur chan debii e Vorriiterrolle iine.

Hüt fiiremer d Schwiiz
Aber mir fiired au ois selber: Als Gmeinschaft.

Nöd will alles perfekt isch, sondern will mir ois bemüehed, zums besser mache.

Will mir zämehebed, will mir glaubed, dass e solidarischi Zuekunft möglich isch. Für alli, nöd nur für wenigi.

Lönd sie ois de Geist vom 1. August ernst neh:
Als Moment vode Besinnig, aber au als Moment vom Uufbruch.

Lönd sie ois gmeinsam defüür sorge, dass Winti nöd nur wachst, sondern zämewachst. Dass mit nöd nur nebenand läbed, sondern mitenand.
Dass mir nöd nur über d Schwiiz vo gester reded, sondern a de Schwiiz vo morn baued.

Ich danke ihne herzlich für ihri Ufmerksamkeit.

Ich wünsche ihne en schöne 1. August.
Gueti Gsprööch, und vorallem eis: es guets Gfühl, da dihei zsii.

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